Ein besonderes Theaterereignis

Alle sind sich einig: Die Toten können nicht mehr sprechen, aber wir können es- und solange es Attentate wie das in Hanau am 19. Februar 2020 gibt, solange Menschen aufgrund von Herkunft, Hautfarbe, Sexualität oder anderen Gründen ausgegrenzt werden, so lange sollte man auch das Theater als Form nutzen, die Menschen zum Nachdenken darüber anzuregen.

Der Zuschauer betrat den Zuschauerraum und wurde von einer Figur auf der Bühne empfangen. Eine Projektion des Universums auf über 50 getragenen weißen Herrenhemden ließ einen Raum entstehen, der abstrakt und unendlich weit zugleich erschien. Das universelle Thema als ein Kunstbild. Kein Zuschauer ahnte, welche Vielfalt an Szenen, welche Emotionen und welche Inhalte alles in den nächsten 100 Minuten auf ihn/sie wartete. Das Stück spannte den Bogen vom historischen Holocaust, einem Ereignis, das in Wachenbuchen 1938 geschah- bis zum furchtbaren Attentat von Hanau und darüber hinaus. Immer wieder legten sich die Zeiten übereinander. So erhält der Begriff „aus der Vergangenheit lernen“ durch das Medium Theater eine ganz andere Bedeutung. Bewusst wird in dem Stück nicht gewertet. Die unterschiedlichen Einzelschicksale sprechen für sich und geben den Zuschauern die Möglichkeit sich selbst zu positionieren. Dem Ensemble gelang es durch die Dramaturgie und die Geschichten den Blick des Publikums auf das urmenschliche zu lenken. Plötzlich war es nicht mehr wichtig welche Religion oder welcher Nationalität die Opfer waren… sie waren Menschen denen Leid angetan wurde- mehr nicht. Im Zuschauerraum konnte man eine Stecknadel fallen hören- so konzentriert war die Aufmerksamkeit des Publikums. Auch die Tanzszenen vom Tanzensemble der Jugendtanzschule Therés Hauser übernahmen einen wichtigen Teil in der Dramaturgie des Stückes. Sie ließen das Publikum durchatmen, nachsinnen und berührten die Metaebenen der Themen.
Am Schluss des Stückes wurde das Publikum an die eigene Sterblichkeit erinnert und mit der Frage, welche Spuren man im Leben hinterlassen möchte aus dem Theatersaal entlassen. Es bleibt die Hoffnung, dass sich bei einigen noch die Tage danach die Gedanken um einzelne Szenen drehen und reichlich Gesprächsstoff für den Alltag geliefert wird.

Der lang anhaltende Applaus und die stehenden Ovationen waren der Lohn für ein Projekt, das bei keinem der Beteiligten jemals vergessen sein wird.

Eine Veranstaltung des Jungen Theaters Wachenbuchen

Das Projekt wurde durchgeführt in Kooperation mit dem Bundesverband Kulturarbeit in der evangelischen Jugend e.V. (bka).
Es wird gefördert aus Mitteln des Kinder- und Jugendplans des Bundes (KJP) über das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).

Bildquelle: © Hans-Jürgen Stumpf

 

 

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